Wann ist eine Wahl eigentlich demokratisch? Wie viele Stimmen können bei der Bundestagswahl vergeben werden und wählen wir die Kanzlerin oder den Kanzler direkt? Wenn du dir diese Fragen schon einmal gestellt hast, bist du hier genau richtig.
Der Bundestag: demokratisch gewählt
Wahlen sind demokratisch, wenn sie regelmäßig und nach bestimmten Regeln stattfinden. Diese sind:
- allgemein: Alle, die mindestens 18 Jahre alt sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben, dürfen wählen.
- gleich: Jede Stimme zählt gleich, keine zählt mehr als eine andere.
- unmittelbar: Die Abgeordneten werden direkt gewählt.
- frei: Du entscheidest selbst und ohne Zwang, wen Du wählst.
- geheim: Niemand soll sehen, wen Du wählst – deshalb gibt es die Wahlkabine.
Wähle ich die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler?
Wer Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler wird, bestimmen die Wählerinnen und Wähler nicht direkt. Die größeren Parteien werben zwar im Wahlkampf mit Personen, die Bundeskanzlerin bzw. Bundeskanzler werden sollen, doch die oder den wählen erst die Abgeordneten des Bundestags nach der Wahl. In der Regel stellt die Partei mit den meisten Abgeordneten die Bundeskanzlerin bzw. den Bundeskanzler. Insofern haben die Stimmen der Wählerinnen und Wähler auch in dieser Frage Gewicht.
Du hast zwei Stimmen – nutze sie!
Jede Wählerin und jeder Wähler hat bei der Bundestagswahl zwei Stimmen: eine Erststimme und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wählst Du eine Kandidatin oder einen Kandidaten aus Deinem Wahlkreis. Mit der Zweitstimme wählst Du die Landesliste einer Partei. Die Anzahl der Zweitstimmen entscheidet, wie viele Abgeordnete einer Partei insgesamt in den Bundestag kommen.
Auf dem Stimmzettel gibt es deshalb zwei Spalten: In der linken Spalte stehen die Kandidatinnen und Kandidaten aus Deinem Wahlkreis, in der rechten Spalte stehen die Parteien. In jeder Spalte kannst Du ein Kreuz machen.
Übrigens: Die Person, die Du mit der Erststimme wählst, muss nicht der Partei angehören, für die Du mit Deiner Zweitstimme stimmst.
Wer wird in den Bundestag gewählt?
Der Bundestag wird nach den Regeln der personalisierten Verhältniswahl gewählt. Jede Partei erhält so viele Sitze (Mandate) im Bundestag, wie es ihrem Anteil an Zweitstimmen entspricht – deshalb „Verhältniswahl“. „Personalisiert“ ist die Wahl, da mit den Erststimmen auch Kandidierende aus den Wahlkreisen direkt gewählt werden. Von den 630 Bundestagsmandaten werden bis zu 299 in den Wahlkreisen als Direktmandate vergeben. Welche Kandidierenden einen Sitz erhalten, wird für jedes Bundesland getrennt ermittelt.
Wer bekommt ein Mandat?
Die Mandate werden zuerst an die Kandidierenden verteilt, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen und landesweit die besten Ergebnisse ihrer Partei erzielt haben. Stehen einer Partei aufgrund ihres Anteils an Zweitstimmen mehr Mandate zu, als sie Wahlkreise gewonnen hat, werden diese nach ihrer Landesliste vergeben. Wenn mehr Kandidierende einer Partei Wahlkreise gewonnen haben, als der Partei Sitze aufgrund der Zweitstimme zustehen, wird den Wahlkreisgewinnern mit den schwächsten Erststimmenergebnissen kein Sitz zugeteilt. Erhält eine parteiunabhängige Kandidatin oder ein parteiunabhängiger Kandidat die meisten Erststimmen im Wahlkreis, bekommt sie oder er in jedem Fall einen Sitz im Bundestag.
„Hürdenlauf“ in den Bundestag
Nur Parteien, die bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder in mindestens drei Wahlkreisen die Mehrheit der Erststimmen gewonnen haben, bekommen auch Sitze im Bundestag. Diese Hürden sollen verhindern, dass sehr viele Parteien in den Bundestag einziehen und es dadurch schwieriger wird, die notwendigen Mehrheiten für wichtige Entscheidungen zu finden. Ausgenommen von der sogenannten Sperrklausel sind Parteien nationaler Minderheiten wie der Südschleswigsche Wählerverband (SSW).
Wusstest Du,...?
...dass Deine Stimme wertvoll ist, auch wenn Deine Partei nicht gewinnt?
Auch wenn die Partei, für die Du stimmst, nicht gewinnt oder sogar den Einzug in den Bundestag verpasst, ist Deine Stimme wichtig. Parteien, die mindestens 0,5 Prozent der Zweitstimmen erhalten haben, bekommen eine Wahlkampfkostenerstattung vom Staat, auch wenn sie keine Mandate gewonnen haben. Die Abgeordneten im Bundestag, die nicht zu den Parteien der Regierungsmehrheit gehören, bilden die Opposition. Sie spielen eine wichtige Rolle in einem demokratischen Parlament, denn sie beobachten genau, was die Regierung macht. Eine starke Opposition kann auch Entscheidungen des Bundestags beeinflussen. Deshalb sind auch Stimmen für diese Parteien wertvoll.